Im Jahr 2013 zeigte eine Studie des Baumeisterverbands und der ETH Zürich, dass ein neues Gebäude bei der Fertigstellung durchschnittlich fünfzehn Mängel aufweist. Zwei Drittel davon haben mit Feuchtigkeit zu tun. Dabei handelt es sich nicht um ästhetische Kleinigkeiten, sondern um klare Abweichungen vom Vertrag oder von der Baukunst. Die Folgekosten belaufen sich auf rund 1,6 Milliarden Franken pro Jahr. Unter anderem wegen des Fachkräftemangels sind diese Werte in den letzten Jahren noch gestiegen.
Überdurchschnittlich hoch ist die Zahl der Mängel nach meinen Erfahrungen bei den von Generalunternehern (GU) erstellten Wohnbauten. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Wohneinheiten teilweise bereits vor Baubeginn „schlüsselfertig zum Fixpreis“ verkauft werden. Wenn die Kosten nun knapp kalkuliert sind, bleibt dem GU nichts anderes übrig, als bei der Qualität zu sparen, um die gewünschte Redite zu erzielen. Die Verträge werden tunlichst so abgefasst, dass es dem Käufer der Wohnung oder des Hauses nicht möglich ist, die Bauarbeiten zu überwachen bzw. überwachen zu lassen. Besonders Einsparungen bei der Dämmung und der Entwässerung sind Mängel bei der Abnahme meist nicht mehr sichtbar. Sie tauchen erst später auf, womöglich nach Ablauf der Garantiefrist, wenn diese nicht ohnehin wegbedungen wird.
Aus Gründen der Transparenz ist deshalb das klassische Vorgehen mit einem Architekten und Bauleiter sowie Werkverträgen, welche direkt durch die Bauherrschaft abgeschlossen werden, vorzuziehen.
Wer dennoch die GU-Variante wählt, was v.a. bei Stockwerkeigentum oft nicht anders möglich ist, sollte vor der Vertragsunterzeichnung Massnahmen treffen, um die einseitige Abhängigkeit vom GU und das Risko von Baumängeln zu reduzieren. Im Vordergrund stehen folgende Massnahmen:
- Den GU-Vertrag juristisch überprüfen lassen
- Den Baubeschrieb und die Pläne, insbesondere den Innenausbau durch eine Fachperson prüfen lassen
- Änderungswünsche frühzeitig (am besten vor Vertragsunterzeichnung) festlegen und vom GU offerieren lassen. Oft empfiehlt es sich, den Innenausbau (Bad, Küche, Bodenbeläge, Möblierung, Beleuchtung) nicht vom GU zu übernehmen und dafür einen eigene Fachperson beizuziehen. So können Sie sicherstellen, dass ihre individuellen Wünsche berücksichtigt werden und die Qualität stimmt. Der GU sollte dafür eine angemessene Reduktion des Verkaufspreises gewähren (minderleistung).
- Kontrollrecht ausbedingen, die Baustelle regelmässig zusammen mit der Bauleitung besuchen und eine Fotodokumentation erstellen
- Durchführung einer Vorabnahme im Beisein des GU und einer Fachperson Ihres Vertrauens sowie Protokollierung der festgestellten Mängel. Erhebliche Mängel (nach SIA Norm 118) sind vor dem eigentlichen Abnahmetermin und der Schlusszahlung zu beheben.
Die juristische Vertragsprüfung und der Beizug einer Fachperson (Architekt/in) als Bauherrenbegleitung ist zwar mit gewissen Kosten verbunden, wenn es damit gelingt, Mängel zu verhindern und Ihre individuellen Wünsche umzusetzen, lohnt sich diese Investition auf jeden Fall.